Toll, Ein Anderer Macht´s

Der letzte Blogbeitrag „Viel hilft viel“ vs. „Zu viele Köche verderben den Brei“ beschäftigte sich vor allem mit der optimalen Teamgröße, sodass ein effektives arbeiten möglich ist und keine Meinungen und Gedanken zu kurz kommen, bzw. ganz unter den Tisch fallen.

Jedoch stellt sich die Frage, ob in einem Team wirklich jede*r sein/ihr Bestes gibt um an ein gemeinsam gesetztes Ziel zu gelangen oder ob sich auch mal entspannt zurück gelehnt wird und den Teampartner*innen die Arbeit überlassen wird, frei nach dem Motto: „Toll, ein anderer macht´s!“.

Der Gedanke hinter einer Teamarbeit ist leicht erklärt, umso mehr verfügbare Ressourcen aktiviert werden können, umso bessere Ergebnisse können erzielt werden, denn wenn eine Gruppe aus unterschiedlichen Persönlichkeiten ihr Wissen einbringt und von jedem Teammitglied mindestens eine gute Idee kommt, dann kann es ja ab sofort nur besser laufen. In Anlehnung an das Ringelmann-Experiment führte der amerikanische Sozialpsychologe Harry Ingham 1974 das „Tauziehexperiment“ durch. Die Probanden zogen an einem Seil und ihnen wurde gesagt, dass sie einmal in einer Gruppe und einmal allein ziehen würden, aber in Wirklichkeit zogen sie beide Male allein- sie konnten dies aber nicht wissen, da ihnen die Augen verbunden waren. Alle Probanden, die glaubten, dass es um Teamwork ginge, zogen schwächer.

Heißt das, dass Menschen sich in der Anonymität der Gruppe weniger anstrengen als wenn sie alleine arbeiten?

Von Franziska Klaucke

Faktum: Sozialer Schleicheffekt

Jüngst wurde nachgewiesen, dass mit zunehmender Teamgröße die Einzelleistungen der Mitglieder abnehmen. Dieser „soziale Schleicheffekt“ wirke exponentiell (vgl. Suzuki et al., 2018). Neu ist diese Erkenntnis jedoch nicht. Bereits im Jahr 1898 untersuchte Triplett die Leistungsmotivation von Kindern und kam zu ähnlichen Rückschlüssen (vgl. Shepperd, 1993: 67). Dennoch konnte sich die Sozialform der Teamarbeit in vielen Bereichen durchsetzen. Ein Grund hierfür ist der indirekte Trugschluss, dass zusätzliche Mitglieder neue Ressourcen einbringen und die Leistungsfähigkeit des Teams somit zunimmt. Trugschluss deswegen, da gleichzeitig auch die negativen Synergieeffekte steigen. Die Entscheidungsfähigkeit wird gemindert, zusätzliche Absprachen und Interaktionen werden nötig, Rollenverteilungen müssen klar definierter vorgenommen werden und der Zusammenhalt im Team sinkt ebenfalls. (vgl. Becker et al., 2019)

Doch ist Teamarbeit wirklich so schlecht wie sie hier dargestellt wird?

„Viel hilft viel“ vs. „Zu viele Köche verderben den Brei“

Im letzten Blogbeitrag wurde auf die Vorteile und Gefahren von heterogenen und homogenen Teams hingewiesen. Doch kann daraus abgeleitet werden, dass eine heterogene Zusammensetzung des Teams, aufgrund der Gefahr von Untergruppenbildung (vgl. Nerdinger 2014: 113), mit einer Vergrößerung des Gesamtteams einhergehen sollte?

Diese Frage verneint die Autorin Susanne Möller in ihrem Buch „Einfach ein gutes Team“ deutlich. Sie stützt sich auf Studien die belegen, dass sich „[e]ine Teamgröße von 5-8 Personen [als optimal erwiesen habe].“ Wie Nerdinger verweist auch sie auf die Gefahr von Untergruppenbildung bei zu großen Teams, führt dies jedoch nicht auf die Teamzusammensetzung zurück, sondern lediglich auf die Teamgröße (vgl. Möller 2010: 7). Im weiteren Verlauf ihrer Veröffentlichung geht Möller auf das Kommunikationsverhalten in Gruppen ein. Bei steigender Teamgröße erhöhe sich der Prozentsatz von Teammitgliedern, welche sich nicht verbal äußern, drastisch (vgl. ebd). „Schon bei 4 Personen bleiben 10% der Ideen ungesagt, bei 10 Personen sind es bereits 20%. […] Während es bei einer Teamgröße von 5 Personen fast gar nicht vorkommt, dass ein Teammitglied gar nichts sagt, ist es bei einer Größe von 10 Menschen bereits eine Person, die nie etwas sagt“ (Möller 2010: 7).

Dr. Michael W. Busch und Dr. Dietrich von der Oelsnitz warnen in ihrem Fachartikel „Teamarbeit – Was ist die optimale Teamgröße?“ sogar davor ein Team mit mehr als 8 Teammitgliedern zu besetzen. Ein Gefühl der Verpflichtung stelle sich nur ein, wenn sich einzelne Teammitglieder nicht verstecken könnten. Mit zunehmenden Teamgröße steige die Neigung einzelner weniger zu leisten. (vgl. Dr. W. Busch/ Dr. von der Oelsnitz 2017)

Heterogene Teams sind immer die Leistungsstärksten!

Dieser Mythos stimmt in ziemlich vielen Fällen, jedoch können sich heterogene Teams auch in die entgegengesetzte Richtung entwickeln und sehr uneffektiv Arbeiten (vgl. Adler 2008: 140ff.

Eine heterogene Zusammensetzung des Teams kann zu kreativeren und auch innovativeren Ergebnissen führen, ebenso sind aber auch die Meinungen unterschiedlicher und der Prozess der Entscheidungs- und Lösungsfindung dauert länger. Teams sollten sich daher nicht zu lange an einem Punkt aufhalten, um effektiv zu arbeiten. Oft fühlen sich Teammitglieder in einem heterogenen Team nicht so zugehörig, wie in einem homogenen Team. Durch die Vielfalt kann es dazu kommen, dass sich mehrere Gruppen innerhalb eines Teams bilden (vgl. Nerdinger 2014: 113).

Die Teamleistung des heterogenen Teams ist davon abhängig, wie gut das Team die Individualität der Einzelnen in ihre Arbeit einbringt. Die vielen unterschiedlichen Ideen können zum einen effektiv als Ressource genutzt werden, indem man diskutiert und auf einen gemeinsamen Nenner kommt. Es können verschiedene Ideen genutzt und verarbeitet werden und dadurch kommt das Team zu kreativeren Ergebnissen. Das behandelte Problem kann von verschiedenen Sichtweisen betrachtet werden, was sich oft positiv auf das Ergebnis auswirkt. Auf der anderen Seite kann aber jede Meinungsverschiedenheit ignoriert werden, was zu einem ineffektiven Ergebnis führt. Der Fokus wird nur auf Gemeinsamkeiten gelegt. Diese sind bei heterogenen Teams häufig nur vereinzelt zu finden, was das Ergebnis dementsprechend negativ beeinflusst (vgl. Krejci 2010:7f.) .